Der Alltag mit Hund bringt uns immer wieder in Situationen, die uns stressen. Dadurch leidet nicht nur unsere innere Energie, sondern auch die Beziehung zu unserem Vierbeiner. Wie Hundebesitzer ihre negativen Gefühle in den Griff bekommen.
Viele Hundebesitzer kennen solche Situationen: Du gehst mit deinem Hund entspannt und leinenführig spazieren. Da kommt ein Paar um die Ecke, das seinen Vierbeiner offenbar benutzt, um soziale Kontakte zu knüpfen. «Nur kurz ‚Hallo‘ sagen», ruft der Mann und steuert mit ausgestrecktem Arm und gelöster Flexileine geradewegs auf dich zu. Während du es noch mit verbaler Abwehr versuchst (à la «Meiner ist im Training/läufig/krank…“), fährt dein Vierbeiner bereits mit Volldampf in die Leine – und du aus der Haut.
Und selbst wenn du es schaffen solltest, die Szene schnellstmöglich und ohne lange Diskussionen («Hunde müssen aber sozialisiert werden» etc.) zu verlassen: Du bist genervt, deine Stimmung ist im Keller – und das weitere Training leidet. Denn als hochsoziales Lebewesen hat dein Hund längst mitbekommen, dass du emotional angespannt bist. Dies macht dich in seiner Wahrnehmung aber unsicher und unsouverän. Warum sollte er sich also auf dem Rest des Spaziergangs an dir orientieren?
Das Problem: Selbst wenn wir uns unserer negativen Gefühle bewusst sind, können wir sie allein durch gutes Zureden kaum abstellen. Oder wie es eine englische Redensart ausdrückt: «Never in history of calming down has anyone ever calmed down by being told to calm down.»
Affektregulation: Luft einatmen, Ärger ausatmen
Ganz gleich, warum genau du angespannt und gestresst bist: Es gibt einen Tipp, den du immer und in jeder Situation nutzen kannst. Konzentriere dich auf deinen Atem! Atme dabei durch die Nase und tief in den Bauch hinein. Atme dann sehr lange und tief aus. Stehe dabei mit leicht angewinkelten Beinen auf dem Boden. Spüre beim Ausatmen, wie dein Gewicht über beide Füsse gleichmässig auf den Boden drückt und dir sicheren Halt gibt. Achte darauf, ob dein Körper irgendwo angespannt ist. Falls ja, atme nochmals tief ein und aus.
Praktischer Nebeneffekt der Übung: Auch dein Hund kann kurz innehalten. Er dreht sich ggf. um und schaut, warum du schnaufst. Diesen Moment kannst du dann nutzen, um sein Verhalten in Ruhe zu korrigieren.
Selbstreflektion: Wann verlierst du deine innere Ruhe?
Nun solltest du einmal darüber nachdenken, welche Alltagssituationen dich ausser Hundebegegnungen sonst noch aus der inneren Balance werfen. Wann brodeln in dir neben Ärger und Wut auch Scham, Hilflosigkeit, Frust, Überforderung oder Traurigkeit? All diese negativen Gefühle rauben dir die ruhige Energie, die du für die (Beziehungs-)Arbeit mit deinem Hund benötigst.
Folgende Fragen können dir bei der Selbstreflektion helfen:
- Ärgerst du dich manchmal über deinen Hund? Warum genau? Wie gehst du mit deinem Ärger um?
- Fühlst du dich manchmal überfordert oder hilflos durch das Verhalten deines Hundes? Was ist das für ein Verhalten? Wie äussern sich deine Gefühle?
- Frustriert es dich manchmal, dass es mit der Erziehung deines Hundes nicht klappt?
- Wirst du manchmal traurig, wenn dein Hund ein bestimmtes Verhalten zeigt?
- Schämst du dich manchmal für deinen Hund? Welche Situationen sind dir peinlich?
Hast du herausgefunden, was dich besonders stresst, kannst du auch an den Ursachen arbeiten. Stören dich vor allem die Reaktionen deiner Umwelt auf deinen Hund? Oder sind es eher eigene Unsicherheiten? Fühlst du dich manchmal schier überfordert, frustriert und hilflos? In diesem Fall kann dir vielleicht schon ein kompetenter Hundecoach zu mehr Selbstbewusstsein und innerer Stärke verhelfen.
Konzentriere dich auf den Auslöser
Insbesondere bei Ärger und Wut solltest du auch zwischen Auslöser und Ursache unterscheiden. Im obigen Fall war die Ursache deines Ärgers, dass der Hund in die Leine prescht. Der Auslöser jedoch war die Ignoranz des Paares. Verwechselst du Auslöser und Ursache, richtet sich der Ärger schnell gegen deinen Hund.
Statt mit dem Hund zu schimpfen, konzentriere dich auf den Auslöser, nimm den Ärger bewusst wahr und mache dabei eine Faust. Dann atme nochmals tief ein und öffne die Faust beim Ausatmen. Die geschlossene Faust hilft dir, dich selbst zu spüren und deine Gefühle besser wahrzunehmen. Während du danach die Faust wieder öffnest, lässt du auch deine negativen Gefühle los – und kannst den weiteren Spaziergang mit deinem Hund geniessen.
Fazit: Im Alltag mit Hund kommt es immer wieder zu Situationen, die uns emotional herausfordern. Hunde sind Weltmeister darin, unsere Gemütslage zu spüren. Wo Anspannung und Unsicherheit herrschen, leidet jedoch die Führung. Je besser wir uns unserer eigenen Gefühle bewusst sind, desto stärker können wir sie positiv beeinflussen – und so dem Hund in jeder Situation ein souveräner Partner sein.