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Viele Hundehalter wünschen sich einen Hund, der immer und überall an lockerer Leine läuft. Leider sieht die Realität häufig anders aus. Aber warum bereitet das Leinelaufen unseren Hunden so grosse Mühe und was sind die Fallstricke?

Wenn Silvia mit ihrem Hund vor die Tür geht, hört der Spass schnell auf. Sobald ihr Rüde Max angeleint ist, übernimmt er die Führung und zerrt sie nonstop durch die Gassen. Silvia kann nur versuchen, Max mit Muskelkraft zu sich zu zerren. Je mehr sie dies tut, desto stärker hält der Hund dagegen. Keine Frage ist der gemeinsame Spaziergang für beide eine einzige Tortour.

So wie Silvia geht es vielen Hundebesitzern. Egal, wie gut das Verhältnis zwischen ihnen und ihrem Hund sonst sein mag: Die Leinenführigkeit ist für die meisten Vierbeiner ein Riesenproblem. Dies wiegt umso schwerer, da sie gerade in unserer zivilisierten Welt so wichtig ist. Schliesslich gibt es nur wenig öffentlichen Raum, wo der Hund heute noch frei herumlaufen kann. Doch warum fällt es dem Hund so schwer, die Leine zu akzeptieren?

Leinelaufen liegt dem Hund nicht im Blut

Das Leinelaufen ist eine der unnatürlichsten Anforderungen, die der Mensch an seinen Hund stellt. Denn: Es knüpft an keinerlei angeborenes Verhalten an. Je grösser aber der angeborene Teil eines Verhaltensmusters ist, desto einfacher ist es, ein darauf beruhendes Verhalten zu trainieren. Viel schneller als das Leinelaufen lernt der Hund z.B. das Geben der Vorderpfote. Der Grund: Es baut auf dem angeborenen Milchtritt junger Hunde auf.

Leine darf keine Spassbremse sein

Umso wichtiger ist es, das Laufen an der lockeren Leine bereits mit dem jungen Hund sorgsam zu trainieren. Hierbei sollten Hundehalter versuchen, die Leine positiv zu verknüpfen. Der Hund sollte also nicht lernen: Leine dran, Spass vorbei. Gerade Spiel, Spass und Action sollten für eine gewisse Zeit nur noch in Verbindung mit der Leine stattfinden. So lässt sich eine positive Einstellung des Hundes etablieren, die für das weitere Training der Leinenführigkeit elementar ist.

Der Hund tut, was sich für ihn lohnt

Leider lernen viele Hunde bereits im frühen Alter, dass es für sie sinnvoll ist, an der Leine zu ziehen. Sie wollen zu einem anderen Hund gehen oder einen Grashalm beschnuppern – und ziehen. Und was tut der Mensch? Er folgt. Natürlich lernen sie so, dass es sich absolut lohnt, in eine Richtung zu ziehen – und werden es bei nächstbester Gelegenheit wiederholen.

Ebenso lernen Hunde in schlecht gemanagten Hundebegegnungen, dass sich Pöbeln lohnt. Ob mit Hilfe von Ziehen, Knurren oder Bellen: Am Ende verlässt der „Widersacher“ (an der Leine des Hundehalters) den Schauplatz – und der Pöbler hat sein Zeil erreicht. Der bei der Begegnung freigesetzte Hormoncocktail tut sein Übriges, dass der Hund auch dieses Verhalten möglichst bald wiederholen möchte.

Wo Führung fehlt…

Nicht selten ist das Ziehen an der Leine nur eines von vielen Anzeichen, dass die Beziehung zwischen Mensch und Hund nicht hinreichend geklärt ist. Gerade Hunde, die mit nach vorne gerichteter Körpersprache und erhobener Rute ziehen, fühlen sich für die Sicherung des Territoriums und insbesondere „ihres Menschen“ verantwortlich.

Die gleichen Hunde gehen dann – zum Erstaunen ihrer Besitzer – ohne Leine locker nebenher. Der Grund: Zieht der Hund vorweg, spürt er seinen Menschen im „Schlepptau“ und kann sich so voll auf die Umgebung konzentrieren. Ohne Leine aber muss der Hund nahe beim Menschen bleiben, damit er die Kontrolle über ihn behält.

Regeln schaffen Freiraum

In solchen Fällen beginnt das Training nicht an der Leine, sondern zu Hause. Hier muss der Hund durch Regeln und Strukturen lernen, dass nicht er, sondern sein Mensch für die Sicherheit im Rudel verantwortlich ist. Nur so kann sich eine Beziehung auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen entwickeln, die für ein harmonisches Miteinander im Alltag sorgt – mit und ohne Leine.